Gestern Abend holten mein Mann und ich alte Musikerinnerungen hervor. “Weisst du noch… Kennst du noch… Wer sang doch mal dieses oder jenes Lied?” Wir suchten die alten Lieder und Sänger im Internet und schwelgten in Erinnerung an unsere Teenager- und Jugendzeit. Rockmusik war damals ein Thema für sich. Unsere Eltern und Jugendpastore machten sich Sorgen um unsere Seelen und den schlechten Einfluss dieser Musikrichtung. Es gab Diskussionen, Auseinandersetzungen und ganze Vortragsreihen auf den Jugendveranstaltungen zum Thema “Rockmusik.”
Als ich AC/DC’s berühmtesten Hit spielen ließ, sassen unsere Kinder und kicherten. Sie fanden die Musik witzig und mussten darüber lachen. Während im Hintergrund die damals so umstrittene Musik spielte und ich das Gekicher unserer Kinder hörte, hatte ich so ein Aha-Erlebnis. Eine kleine Erkenntnis. Ein neuer Gedanke.
Unsere Eltern regten sich über die damalige Jugend auf. Wir, die wir jetzt auch Eltern sind, regen uns über die heutige Jugend auf. Die Eltern unserer Eltern haben sich auch über die damalige Jugend (sprich: unseren Eltern) aufgeregt. Worüber meine Großeltern sich aufregten, darüber kann meine Generation nur den Kopfschütteln. Worüber unsere Eltern sich aufregten, darüber Kichern heute unsere Kinder. Worüber wir uns aufregen, darüber kichern eines Tages unsere Großkinder.
Dasselbe Thema wiederholt sich nicht nur bei der Musik, sondern auch bei der Kleidung, bei den Umgangsformen und bei dem Lebensstil. Jede junge Generation hat ihre Auseinandersetzungen mit der älteren Generation. Jede Generation geht neue Wege und sucht andere Lebensmöglichkeiten, die die ältere Generation oft nicht verstehen kann. Für meine Generation war es die Rockmusik und das Tanzen. Die heutige junge Generation wird oft und viel für ihr Medienverhalten kritisiert und davor gewarnt. Das Kinder und Jugendliche so sorglos und frei mit den Medien (Internet, Handy) umgehen, ist für manche (die natürlich einer anderen Generation angehören) ein Dorn im Auge. Sie kritisieren, sie warnen und sie halten ganze Vortragsreihen darüber (genau wie damals bei der Rockmusik).
Das Gekicher meiner Kinder zu den Klängen von AC/DC machte mir bewusst, dass auch unsere Großkinder einmal kichernd den Kopt schütteln werden, wenn unsere Kinder ihnen erzählen werden, worüber wir als Eltern uns aufgeregt haben.
Jede Generation muss ihren Weg gehen – es ist ein eigener Weg und sogar ein ganz anderer Weg als der Weg, den die Eltern und noch früher die Großeltern gegangen sind. Auch sie mussten ihren Weg freikämpfen und sorgten damit für Aufregung und Auseinandersetzungen. Denke mal an deine Jugendzeit zurück. Wofür hast du damals gekämpft? Welches waren deine Diskussionspunkte mit deinen Eltern? Wenn deine Eltern noch leben, was haben sie getan, dass für Aufregung bei den Großeltern sorgte?
Wenn wir etwas nostalgisch werden und in Erinnerungen schwelgen und dann einen Blick auf die heutigen Kinder und Jugendliche werfen, können wir hoffentlich etwas gelassener werden. Geben wir unseren Kindern und Jugendlichen doch den Raum und die Freiheit, ihren eigenen Weg zu finden. Statt darüber zu sprechen, was sie alles falsch machen, mit ihnen darüber sprechen, wie sie in dieser Welt (wie sie heute ist), fertig werden. Statt Vortragsreihen über die Gefahren der Medien für Eltern halten (denn es sind ja wir, die Eltern, die sich aufregen und nicht die jetzige Generation), mit den Kindern und Jugendlichen sachlich und interessiert über alles sprechen. Denn, worüber wir uns heute aufregen und streiten, darüber kichern später nochmal unsere Großkinder.
Ich wünsche uns Älteren einige nostalgische Momente und das wir dadurch etwas gelassener mit der heutigen Generation umgehen können. Geben wir ihnen die Freiheit, ihren eigenen Weg zu finden und denken wir daran, die Geschichte wiederholt sich. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Das sagte übrigens schon Salomo im Predigerbuch der Bibel. Lassen wir der heutigen Generation ihren Weg finden. Wir haben damals unseren Weg gefunden und die Generation nach uns muss ihren eigenen Weg finden. Auch die Großkinder der heutigen Jugend wird eines Tages über sie kichern, genauso wie unsere Kindern heute über uns lachen müssen.
Einen nostalgischen Tag, mit viel Raum für Gelassenheit und manchmal ein kleines Lachen wünsche ich euch!
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